Boumanns

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Boumanns
Das Boumanns im Jahr 2003 bei einer Aktion zum 3-jährigem Jahrestag der Räumung
Das Boumanns im Jahr 2003 bei einer Aktion zum 3-jährigem Jahrestag der Räumung
Allgemeine Informationen
Adresse: Kurfürstenstr. 5
14467 Potsdam
Gründung 1994
Auflösung 2000

Das Boumanns war ein besetztes Haus im Potsdamer Holländerviertel das nach einem Zimmerbrand mit einem massiven Polizeieinsatz geräumt wurde.

Geschichte

Das Boumanns war nach der massiven Räumungswelle von besetzten Häusern und Projekten Ende der 1990er Jahre zu einem wichtigen Anlaufpunkt und Konzertort in der Potsdamer Innenstadt geworden. Hier begann das, was man als die Entfaltung einer eigenen Persönlichkeit bezeichnen konnte.

Abend der Räumung

In der Nacht auf den 01. Juni 2000 kam es in einem der Seitenflügel zu einem Zimmerbrand. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits seit Monaten keinen elektrischen Strom mehr im Haus. Dieser wurde von der Stadt abgestellt. Der komplette Alltag, Veranstaltungen und Konzerte wurden bei Kerzenlicht und mit Hilfe eines Notstromaggregat durchgeführt. Die Nutzer und Bewohner des Hauses wurden bis zu diesem Tag vom Eigentümer geduldet. Dieser hatte am 01. Juni zugesichert, dass nach Beendigung des Feuerwehreinsatzes die Nutzer das Haus wieder betreten könnten. Lokalpolitik und Polizei kamen dieser Zusage nicht nach und verwehrten der versammelten Menge vor dem Haus den Zutritt. Nach einigen Stunden reichte es den anwesenden Besetzer und sie verschafften sich erneut Zugang zum Haus. Wenig später begann die Räumung durch zum Teil komplett vermummten und schwer bewaffneten Polizisten unter Einsatz etlicher Liter CS-Gas, das in die Räume gesprüht wurde, in denen sich die Besetzer aufhielten. Aufgrund der hohen Verletzungsgefahr durch die im Einsatz befindlichen Polizisten entschieden sich die Besetzer für ein gemeinsames Verlassen des Hauses. Eine Nacht auf der Wache und eine ED-Behandlung folgten.

Nach der Räumung

Drei Tage später, am Sonntag sollte es eine spontane Kundgebung und Demonstration gegen die Räumung und das Vorgehen der Polizei geben. Kurz nach dem sich einige Dutzend Demonstranten auf dem Bassinplatz versammelt hatten, wurde die Kundgebung durch einen ausgesprochen aggressiven Polizeieinsatz aufgelöst. In den folgenden Stunden kam es zu unzähligen Festnahmen. Von den ca 50-60 festgenommenen Menschen blieben über 20 für drei bzw. vier Tage im sogenannten Vorbeugegewahrsam. Es war das erstemal in der Geschichte der Potsdamer Polizei, dass diese Art der „Gefahrenabwehr und Vorbeugung“ in solch einem Ausmaß angewendet wurde.

Die Antwort auf die Ereignisse kam prompt. Für mehrere Tage herrschte in Potsdam immer wieder Ausnahmezustand. Tagelang tauchten immer wieder Gruppen von Menschen in allen Stadtteilen auf und zeigten, dass sie sich von Räumung und Repressionen nicht einschüchtern ließen. Viel Glasbruch und einiges an Sachschaden war in kürzester Zeit entstanden.

Am 08. August 2000 folgte eine öffentliche Neubesetzung der ehemaligen Kammer der Technik an der Ecke Schopenhauer- und Weinbergstraße. Bis zum Abend hatten sich viele Unterstützer im und um das Haus versammelt, ein Konzert wurde vorbereitet. Die Polizei war bis zum Abend nicht aufgetaucht. Mit Einbruch der Dunkelheit fuhr überfallartig ein Sondereinsatzkommando vor, prügelte auf alles ein, was ihnen in den Weg kam und räumte unter Einsatz starker körperlicher Gewalt das Haus. Zeugen sagten aus, dass sie den Befehl zum Ausschalten der Kameras der Polizisten hörten. In den folgenden Minuten kam es zu einer Prügelorgie auf dem Dach des Hauses. 19 Besetzer wurden festgenommen und am nächsten Tag mit etlichen blauen Augen und Prellungen aus dem Gewahrsam entlassen.

Einige „stillere“ Besetzungen folgten in den Monaten danach. Die Nulltoranzpolitik gegen Neubesetzungen der Stadt führten aber immer wieder zu Räumungen. Im Jahr 2001 kam es dann noch zu der Räumung der „Breiti“ in Babelsberg. Ein runder Tisch bestehend aus Menschen aus bereits geräumten Häusern oder noch bestehenden begann Verhandlungen mit der Stadt Potsdam um legale Ausweichobjekte. Ergebnisse dieser Verhandlungen sind heute die legalisierten Projekte in der Zeppelinstr. 25/26, die Tornowstr. und einige anderen Projekte. Eine Neubesetzung gab es bis zum Spätsommer 2008 nicht mehr.


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